Mit Geld und Know-how aus Heilbronn gegen das Virus
Heilbronner Stimme, 18.05.2020
Christian Gleichauf
Eigentlich forscht Baseclick an neuen Methoden der Krebs-Therapie. Jetzt gilt die Biotech-Firma aus Neuried bei München plötzlich als einer der Hoffnungsträger bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs. Ermöglicht haben das der Heilbronner Risikokapitalfonds Born2Grow, ein Ableger des Zukunftsfonds Heilbronn, und sein Investor dahinter, Dieter Schwarz.
Als Baseclick-Chef Dr. Thomas Frischmuth vor wenigen Wochen in Richtung Heilbronn signalisierte, dass sein Unternehmen eine Finanzspritze dringend nötig hätte, befand sich das Geld innerhalb von Stunden auf dem Konto. Denn die Zeit drängt. Es gibt nur wenige Unternehmen weltweit, die so gute Aussichten auf eine erfolgreiche Impfstoff-Entwicklung haben wie Baseclick. CureVac aus Tübingen, BionTech aus Mainz und die US-Firma Moderna arbeiten mit einer vergleichbaren Technik an der sogenannten Boten- oder Messenger-RNA (mRNA), auf der so große Hoffnungen ruhen.
Innerhalb von Monaten durch die klinischen Tests
Frischmuth hatte früh reagiert. „Als in Wuhan der Lockdown kam, war uns klar, dass dieser Erreger ohne Impfstoff nicht unter Kontrolle zu bekommen ist“, erzählt der 60-Jährige. So machte sich seine Firma mit ihren zwölf Mitarbeitern an die Arbeit. Innerhalb von Monaten soll das Präparat nun durch die klinischen Tests gebracht werden, was sonst Jahre braucht. Zeitverzögerungen durch fehlende Finanzmittel will sich in so einer Situation niemand leisten.
Jetzt zählt das gewachsene Vertrauen
Im ersten Schritt ging es nun „nur“ um einige Hunderttausend Euro. Die Größenordnungen, mit denen Thomas Villinger, Geschäftsführer des Zukunftsfonds (ZFHN), hantiert, sind häufig wesentlich größer. Trotzdem werden Investitionen hier üblicherweise sorgsam geprüft. Schnell geht es nur, wenn man dem Gegenüber vorbehaltlos vertrauen kann.
Das mobile System Carl der Freiburger Firma Resuscitec soll Menschen mit akutem Herz-Kreislauf-Stillstand bessere Überlebenschancen ermöglichen. Jetzt kommt es auch bei Covid-19-Patienten zum Einsatz.
Frischmuth genießt dieses Vertrauen. Seit 2006 arbeitet der inzwischen 60-Jährige mit dem Zukunftsfonds zusammen, zuerst als Chef der Biotech-Firma Greenovation, dann mit Panatecs aus Tübingen, das später mit Protagen Protein Services (PPS) fusionierte.
Der Ansatz des Zukunftsfonds ist einzigartig in Deutschland
Dass beide Firmen ihren Sitz inzwischen im Zukunftspark Wohlgelegen in Heilbronn haben, ist kein Zufall. Das Ziel der ZFHN-Investments ist nicht in erster Linie, das Geld zu vermehren, sondern junge, agile, innovative Unternehmen nach Heilbronn zu holen. Damit ist der Zukunftsfonds einzigartig in Deutschland. „Ich kenne hier keinen anderen privaten Fonds, der diesen regionalen Fokus hat“, sagt Villinger. Ähnliche Ansätze verfolgen Investoren sonst nur im Silicon Valley.
Der größte Erfolg in dieser Hinsicht war die Entwicklung, Umsiedlung und der anschließende – gewinnbringende – Verkauf der Medizintechnik-Firma Xenios. Auch sie spielt derzeit eine wichtige Rolle in der Corona-Pandemie.
Künstliche Lungen als letztes Mittel bei beatmeten Patienten
Hervorgegangen aus der Hechinger Firma Novalung entwickelt und produziert Xenios künstliche Lungen, die jetzt auch beim Beatmen von Covid-19-Patienten zum Einsatz kommen. Bei dem Verfahren wird dem Blut der Patienten in einer externen Maschine CO2 entzogen und Sauerstoff zugesetzt. So wird die Herz- und Lungenfunktion unterstützt oder komplett übernommen, wenn die künstliche Beatmung nicht mehr ausreicht.
Mit den Covid-19-Erkrankungen steigt auch die Nachfrage, wie Xenios-Chef Dr. Andreas Terpin bestätigt. Dazu beigetragen hat, dass kürzlich die Zulassung durch die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA erfolgte. Die Produktion der Geräte, die in Heilbronn mit dem dafür notwendigen Schlauchsystem zusammengesetzt werden, läuft auf Hochtouren.
„Unsere derzeit größte Herausforderung ist die Verfügbarkeit spezifischer Komponenten für unsere Produkte“, sagt Terpin. Xenios, das inzwischen zu Fresenius Medical Care gehört, habe jetzt schon die Hälfte des geplanten Jahresumsatzes gemacht.
Mobile Technik wird jetzt stationär eingesetzt
Die Xenios-Technik wird auch von der Firma Resuscitec genutzt, die eine Ausgründung der Uniklinik Freiburg ist. Sie hat ein System entwickelt, das den eingängigen Namen Carl trägt und nicht stationär eingesetzt werden soll, sondern auch mobil in Rettungsfahrzeugen und von Notärzten. Die Idee ist, Menschen mit einem akuten Herz-Kreislauf-Stillstand wirksamer helfen zu können als dies bisher möglich ist.
„Die Ergebnisse traditioneller Reanimationsmaßnahmen außerhalb von Krankenhäusern sind katastrophal, wenn man die Statistik betrachtet. Nur drei bis fünf Prozent der Betroffenen überleben, und ein Großteil davon mit neurologischen Schäden“, erläutert Professor Christoph Benk, Geschäftsführer der Resuscitec und Leitender Kardiotechniker am Herzzentrum der Uniklinik Freiburg.
Der Einsatz von Carl auch im Rettungswesen soll zukünftig zu höheren Überlebensraten von Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand und einer Verringerung von Hirnschäden führen. Sobald das Blut des Patienten durch das Carl-System fließt, wird es durch eine intelligente Sensorik automatisch analysiert, aufbereitet, mit Sauerstoff beaufschlagt und dann wieder in den Patienten eingeleitet. Ein System dieser Art gab es bisher weltweit noch nicht. Die Technik funktioniert und ist für den Einsatz in Kliniken und außerhalb von Kliniken bereits zugelassen.
Die richtigen Kontakte
Wieder war der Zukunftsfonds nicht nur Geldgeber, sondern auch Vermittler von Know-how. Denn die Idee für diese Reanimations-Konsole gab es schon vor Jahren, doch möglich wurde sie erst mit den künstlichen Lungen der Heilbronner Firma Xenios. Über Thomas Villinger, der Ansprechpartner für beide Firmen war, fanden Xenios und Resuscitec zusammen. Jetzt arbeiten Xenios-Komponenten im mobilen System von Resuscitec.
Auch an den SLK-Kliniken Heilbronn erfolgreich eingesetzt
Weil der Einsatz im Krankenhaus bereits möglich ist, kommen die Konsolen übrigens ebenfalls bei Covid-19-Patienten zum Einsatz – auch im Heilbronner SLK-Klinikum am Gesundbrunnen. „Wir haben mit den Geräten schon zwei Menschenleben retten können“, sagt Professor Marcus Hennersdorf, Direktor der Klinik für Innere Medizin in Heilbronn. Die Technik sei sehr überzeugend, ein ausgeklügeltes System. Gespannt ist er, wann sie in Rettungsfahrzeugen zum Einsatz kommt. Die Zulassung dafür hat der Tüv bereits erteilt. Es wäre der Durchbruch für die Freiburger Firma.
Nach Heilbronn werden sie aber wohl auch dann nicht umziehen, obwohl eine Beteiligung des Zukunftsfonds üblicherweise mit der Auflage verbunden ist, sich hier anzusiedeln. Mit zahlreichen Firmen hat das bereits funktioniert. Mit Greenovation und PPS, mit dem Medizintechnikdienstleister Seleon oder auch die Schwarzer Cardiotec, die inzwischen schon wieder verkauft wurde. Sie alle haben ihre Geschäftsadressen im Zukunftspark Wohlgelegen.
Wissenschaftliches Umfeld lockt Medizinfirmen
So ist in Heilbronn bereits eine kleine, feine Medizin- und Biotech-Insel entstanden, was ohne das entsprechende Hochschulumfeld kaum möglich gewesen wäre, wie Villinger betont. Als Pluspunkt konnte lange Zeit nur die Medizinische Informatik als Studiengang an der Hochschule Heilbronn angeführt werden.
Dieter Schwarz ist es zu verdanken, dass es nun nicht nur die zukunftsorientierten Firmen im Wohlgelegen gibt, sondern auch den Ableger der Technischen Universität München und einen Bildungscampus als Dreh- und Angelpunkt der Wissenschaften in Heilbronn. So wird es auch für Thomas Villinger zunehmend einfacher, Firmen für eine Umsiedlung nach Heilbronn zu begeistern. „Bei Resuscitec verzichten wir allerdings darauf, die sind schon zu groß“, sagt Villinger.
Baseclick könnte bald viele Millionen benötigen
Auch beim Impfstoffentwickler Baseclick muss man sich derzeit keine Gedanken über einen Umzug machen. Denn noch ist die Firma nicht mit dem Zukunftsfonds im Geschäft, sondern nur mit dessen kleinem Bruder, dem Seedfonds Born2Grow. Der beteiligt sich frühzeitig mit überschaubaren Summen zwischen 500.000 und einer Million Euro an Start-ups – ohne weitere Auflagen. Um die prä-klinischen Tests des neuen Impfstoffs abzuschließen, werden wohl noch einmal 800.000 Euro notwendig sein, sagt Thomas Frischmuth. Wenn die erfolgreich verlaufen, könnten sich die Größenordnungen allerdings verschieben. „Dann geht es um zig Millionen“, sagt Frischmuth.
Das würde auch die Möglichkeiten des Zukunftsfonds übersteigen, dem 2005 rund 200 Millionen Euro als Startkapital zur Verfügung gestellt worden waren – die heute zum großen Teil in verschiedenen Firmen stecken.
Hoffnung ruht auf den privaten Geldgebern
„Wir bemühen uns um eine Finanzierung aus dem Topf der EU, die bei der Geberkonferenz 7,4 Milliarden Euro für die Impfstoffentwicklung eingesammelt hat“, sagt Frischmuth. Dass hier Geld von privater Seite kommt, begrüßt Frischmuth ausdrücklich. „Für Impfstoffe geben Pharmafirmen in der Regel kein Geld mehr aus, weil damit wenig zu verdienen ist.“ Daher sei auch das Engagement von Bill Gates nicht hoch genug einzuschätzen. Dass der von Corona-Verschwörungstheoretikern als Ziel entdeckt wurde, ist für den Biologen nicht nachvollziehbar. Ohne das Geld von Leuten wie Gates und Dietmar Hopp – oder auch von Dieter Schwarz – dürfte man jetzt kaum auf eine so schnelle Impfstoffentwicklung hoffen.
Corona-Impfstoff könnte auch in Heilbronn getestet werden
Die Verbindungen des Impfstoffentwicklers Baseclick aus Neuried bei München reichen auch ins Tumorzentrum der SLK-Kliniken in Heilbronn und das gemeinsam mit der Hochschule Heilbronn gegründete Molit-Institut. Dort sollen die zur individualisierten Krebstherapie entwickelten Technologien der Firma später getestet werden. Jetzt werden allerdings erst einmal alle Kräfte bei Baseclick auf den Corona-Wirkstoff gebündelt. Ende Juni starten die Testungen, wie Baseclick-Chef Thomas Frischmuth verrät. Bei positivem Verlauf könnten gegen Ende des Jahres klinische Studien anstehen. „Dann wäre Heilbronn wieder mit dabei“, sagt Frischmuth.
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