Extrakorporale kardiopulmonale Reanimation: Evidenz und Implikationen
Deutsches Ärzteblatt Online, 20.10.2023, DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0189
Gaisendrees, Christopher; Pooth, Jan-Steffen; Luehr, Maximilian; Sabashnikov, Anton; Yannopoulos, Demetris; Wahlers, Thorsten
Hintergrund: Die Überlebensrate nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand, innerhalb („in-hospital cardiac arrest“ [IHCA]) oder außerhalb („out-of-hospital cardiac arrest“ [OHCA]) des Krankenhauses, beläuft sich weltweit auf < 14 % (IHCA) beziehungsweise < 10 % (OHCA). Die Verwendung der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) im Rahmen von Reanimationsereignissen (extrakorporale kardiopulmonale Reanimation [ECPR]) soll dies potenziell verbessern können.
Methode: Im Februar 2023 wurde eine selektive Literaturrecherche mit dem Search String: (ECMO) OR (ECLS) AND (ECPR) in PubMed und EMBASE durchgeführt mit dem Ziel, eine aktuelle Übersicht publizierter Studien zu liefern, welche ECPR mit der konventionellen kardiopulmonale Reanimation (CPR) vergleichen.
Ergebnisse: Initial fanden sich 573 Ergebnisse. Es wurden 12 Studien in die Übersichtsarbeit eingeschlossen, hierunter waren drei randomisiert-kontrollierte Studien (RCT), welche ECPR mit CPR verglichen und 420 Patientinnen und Patienten randomisierten. Mit ECPR werden bei OHCA Überlebensraten zwischen 20–43 % berichtet, bei IHCA 20–30,4 %. Studienübergreifend zeigen sich ein hohes Bias- und niedriges Evidenzniveau für die publizierten Arbeiten.
Schlussfolgerung: ECPR bietet potenziell die Möglichkeit, bei der Verwendung an erfahrenen Zentren mit einer hohen Fallzahl, die Überlebensraten nach Herz-Kreislauf-Stillstand von selektionierten Patientinnen und Patienten (junges Alter, initial defibrillierbarer Rhythmus, beobachteter Herz-Kreislauf-Stillstand, therapierefraktäre qualitativ-hochwertige Reanimation) gegenüber der CPR zu verbessern. Eine allgemeine undifferenzierte Empfehlung für die Anwendung von ECPR kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgesprochen werden.
Die Überlebensrate nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand, innerhalb (IHCA, „in-hospital cardiac arrest“) oder außerhalb (OHCA, „out-of-hospital cardiac arrest“) des Krankenhauses, beläuft sich weltweit auf < 14 % (IHCA) beziehungsweise < 10 % (OHCA) (1, 2).
Die jährliche Inzidenz von Herz-Kreislauf-Stillständen beträgt mehr als 60 000 Fälle in Deutschland (3). Die Überlebensrate bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus ist anhaltend niedrig und beläuft sich für den außerhäuslichen Herz-Kreislauf-Stillstand auf unter 10 % (1).
Im Zuge der Bemühungen die Überlebensrate zu verbessern, wurden in der Vergangenheit bereits extrakorporale Systeme zur Wiederherstellung eines Kreislaufs eingesetzt (4, 5, 6). Die Anwendung der veno-arteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (VA-ECMO) bei Herz-Kreislauf-Stillstand wird als extrakorporale kardiopulmonale Reanimation (ECPR) bezeichnet. Da die Anlage der ECMO in diesem Fall unter Reanimationsbedingungen durchgeführt wird, erfordert sie ein hohes Maß an professioneller Expertise und einen gesteigerten Bedarf an materiellen Ressourcen (7).
Mit den Veröffentlichungen von INCEPTION im Jahr 2023, ARREST (2021) und HYPERINVASIVE (2022), stehen aktuell drei randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit einer relevanten Anzahl an Patientinnen und Patienten zur Verfügung, welche die kardiopulmonale Reanimation (CPR) mit ECPR bei OHCA vergleichen (8, 9, 10).
In der vorliegenden Übersichtsarbeit sollen Daten hinsichtlich des Einflusses von ECPR auf das Überleben nach Herz-Kreislauf-Stillstand mit denen „konventioneller“ erweiterter Reanimationsmaßnahmen („Advanced Life Support“ [ALS]) verglichen und interpretiert werden. Zudem sollen Patientengruppen definiert werden, die am ehesten von ECPR profitieren können.
Physiologie und Komplikationen der veno-arteriellen ECMO-Therapie
Über die perkutane Punktion der Leistengefäße und Anlage großlumiger Kanülen wird durch die VA-ECMO Blut aus der Vena cava inferior drainiert, durch einen Oxygenator gepumpt und in der Regel über die Arteria femoralis dem Körper wieder zugeführt. Aufgrund der großen Fremdoberfläche erfordert dies (zwingend) eine systematische intravenöse Dauerantikoagulation. Hierdurch ergibt sich ein artifizieller retrograder aortaler Blutfluss (Grafik 1).
Im Zuge eines Kreislaufversagens mit fehlenden kardialen Auswurf, kann die ECMO das sauerstoffhaltige Blut in die Koronararterien und zerebralen Gefäße transportieren und hierbei das Herzzeitvolumen zu 100 % ersetzten (je nach Größe und Gewicht der Patientin oder des Patienten), wohingegen bei der alleinigen Anwendung der manuellen Herzdruckmassage maximal 20–25 % des Herzzeitvolumens generiert werden (11). Die Anwendung der VA-ECMO kann die Patientin oder den Patienten in den meisten Fällen hämodynamisch stabilisieren, um weitere Diagnostiken, zum Beispiel eine Koronarangiografie zu ermöglichen.
Die häufigsten Komplikation der peripheren VA-ECMO-Therapie sind Blutungen der Kanülierungsstelle, welche in circa 21–40 % der Fälle auftreten können (12). Darüber hinaus kann es in circa 15 % zu einer erhöhten Thromboserate mit der Gefahr eines ischämischen Schlaganfalls kommen (13, 14).
Weiterhin bedingt das Einbringen großer Kanülen in die Leistengefäße die Gefahr von vaskulären Komplikationen, zum Beispiel Perforationen, Dissektionen, Pseudoaneurysmen sowie Beinischämien in bis zu 17 % der Fälle (15, 16, 17). Vor allem das Auftreten einer akuten Beinischämie nach Kanülierung stellt eine fatale Komplikation dar und kann in bis zu 5 % der Fälle eine Amputation der betroffenen Extremität nach sich ziehen (18).
Weitere Komplikationen der VA-ECMO-Therapie sind lokale Infektionen (7–20 %) (19), das sogenannte Harlequin-Syndrom (eine verminderte Sauerstoffversorgung bestimmter Körperregionen) (20) sowie ein akutes Nierenversagen in bis zu 60 % der Fälle (21).
Zielparameter zur Beurteilung von extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimationen
Üblicherweise wird die Überlebensrate als Endpunkt herangezogen, um eine Intervention hinsichtlich ihres Erfolges im Rahmen von Herz-Kreislauf-Stillständen zu beurteilen. Die Überlebensrate alleine beschreibt jedoch den Erfolg in diesem Fall nur unzureichend. Daher ist eine Erhebung des neurologischen Status der Überlebenden durch Funktionsindices wie beispielsweise die Cerebral Performance Categories (CPC) oder der Modified Rankin Score (mRS) wichtig (22). Beide Skalen erlauben eine Beurteilung der Patientin oder des Patienten anhand einer mehrstufigen Skala (CPC 1; keine oder minimale neurologische Beeinträchtigung; CPC 2: geringfügige neurologische Beeinträchtigung; CPC 3: schwere neurologische Beeinträchtigung; CPC 4: anhaltender vegetativer Zustand; CPC 5: tot). Die mRS-Skala besteht aus sieben Werten von 0 (keine Symptome) bis 6 (tot).
Diese Skalen finden in der Fachliteratur jedoch bedauerlichweise keine einheitliche Anwendung.
Die Zahl an potenziellen Patientinnen und Patienten, welche für eine ECPR in Frage kommen, beläuft sich nach einer großen US-amerikanischen Analyse von etwa 600 000 OHCA auf 1,7 –3,7 % aller Fälle (23). Umgerechnet auf die Bundesrepublik Deutschland entspräche dies einer jährlichen Patientenzahl von 1 080 bis 2 256. Dies unterstreicht die vergleichsweise niedrige Rate an potenziellen ECPR-Kandidatinnen und ECPR-Kandidaten im Verhältnis zur Gesamtheit der auftretenden Herz-Kreislauf-Stillstände.
Methoden
Im Februar 2023 wurde eine selektive Literaturrecherche mit dem Search String: ((ECMO) OR (ECLS)) AND (ECPR) in PubMed und EMBASE durchgeführt mit dem Ziel, eine Übersicht über relevante Arbeiten zu erstellen, welche die Überlebensraten der „konventionellen“ CPR mit ECPR in einem direkten Gruppenvergleich analysieren. Initial fanden sich 573 Ergebnisse. Case Reports und Reviews wurden primär ausgeschlossen. Studien, welche primär Kollektive von hypothermen Patientinnen und Patienten, Traumapatientinnen und -patienten und anderen nicht primär-kardial bedingten kreislaufinstabilen Patientinnen und Patienten analysierten, wurden ausgeschlossen.
Relevante Arbeiten, die nicht durch den Search String identifiziert wurden, jedoch im Literaturverzeichnis gefundener Studien oder Reviews zitiert waren, wurden ebenfalls einbezogen. Anschließend wurden die Ergebnisse von zwei der Autoren (CG und ML) unabhängig voneinander nach Titel, Abstract und gegebenenfalls Inhalt des Manuskriptes auf Relevanz geprüft. Die beiden Listen wurden daraufhin abgeglichen. Einseitig gelistete Studien wurden im Konsens ein- beziehungsweise ausgeschlossen. Insgesamt wurden 12 Studien berücksichtigt (Tabelle 1).
Evidenzniveau und Biasrisiko
Neben den drei randomisierten kontrollierten Studien (RCT), die zusammengenommen 420 Patientinnen und Patienten randomisiert haben (ECPR = 209, CPR = 211), besteht die verfügbare Literatur aus retrospektiven Arbeiten.
Das Biasrisikos der retrospektiven Studien wurde durchgehend als „kritisch“ eingestuft, aufgrund des Confounding-Risikos und das der RCT als „intermediär“, aufgrund fehlender Verblindung der Behandelnden. In Zusammenschau der verfügbaren Arbeiten ist somit klar zu erwähnen, dass das Evidenzniveau für ECPR als insgesamt niedrig einzustufen ist (24, 25).
Evidenz
Innerklinischer Herz-Kreislauf-Stillstand (IHCA)
Es gibt bisher keinerlei prospektiven RCT zu ECPR bei IHCA. Eine Auswahl der bedeutendsten retrospektiven Beobachtungsstudien ist in Tabelle 1 aufgeführt. Chen et al. analysierten ECPR bei 135 IHCA und konnten ein Gesamtüberleben von 34,1 % (30,3 % bei Beschränkung auf CPC 1 oder 2) zum Zeitpunkt der Entlassung berichten (5). Die durchschnittliche Zeit unter manueller Reanimationsmaßnahmen bis zur ECMO (Low-Flow-Zeit) betrug 55,7 ± 27,0 Minuten.
Um die potenziellen Vorteile von ECPR zu analysieren, wurde basierend auf der initial durchgeführten Studie ein Propensity Score Matching durchgeführt (6). Das Überleben bis zur Entlassung mit CPC 1–2 lag nach Matching bei 23,7 % (ECPR) im Vergleich zu 10,6 % (CPR). Von 46 Paaren hatten diejenigen, die ECPR erhielten, eine signifikant höhere Überlebensrate bis zur Entlassung (Hazard Ratio [HR]: 0,51; [95-%-Konfidenzintervall: 0,35; 0,74]; p < 0,0001). Allerdings erhielt ein größerer Teil der ECPR-Patientinnen und -Patienten eine perkutane Koronarintervention (PCI) (17,4 % ECPR versus 6,5 % CPR).
Eine Analyse von Shin et al. zeigte für ECPR (n = 85) ein höheres Zwei-Jahres-Überleben (20 % versus 5 %) im Vergleich zu CPR (n = 321) (16). Ein jüngeres Alter, eine kürzere Low-Flow-Zeit und eine sich anschließende kardiale Intervention waren in der ECPR-Gruppe mit günstigeren Ergebnissen verbunden.
In einer Metaanalyse wurden 195 Paare nach Propensity Score Matching beurteilt. Hier ergab sich ein absoluter Risikounterschied von 13 % für neurologisch intaktes Überleben nach 30 Tagen zugunsten von ECPR (26).
Tonna et al. konnten einen Risiko-Score für die Anwendung von ECPR bei IHCA anhand eines Datensatzes von über 1 000 Patientinnen und Patienten entwickeln und zeigten, dass die Tageszeit der Reanimation, das Vorhandensein eines defibrillierbaren Rhythmus, eine normale Nierenfunktion und ein postoperativer herzchirurgischer Zustand sowie eine kurze Reanimationsdauer mit einem Überlebensvorteil verbunden waren (27).
Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb des Krankenhauses mit intrahospitaler ECMO-Anlage
Insgesamt sind drei RCT für die Beurteilung der Wirksamkeit von ECPR bei OHCA publiziert worden (Tabelle 1).
Im Jahr 2020 wurde mit ARREST (8) das erste RCT zum Vergleich von ECPR gegenüber konventionellen Reanimationsmaßnahmen aus Minneapolis veröffentlicht. Hier konnte bei insgesamt n = 30 Patientinnen und Patienten gezeigt werden, dass ECPR (n = 15) in Bezug auf das neurologisch intakte Überleben nach sechs Monaten gegenüber CPR (n = 15) überlegen war. Die Studie wurde vorzeitig, aufgrund der signifikanten höheren Überlebensraten bei ECPR (43 % versus 7 %; Risikodifferenz 36,2 Prozentpunkte, [3,7; 59,2]) sowie CPC 1–2 nach drei und sechs Monaten durch die zuständige Aufsichtsbehörde abgebrochen.
Auch HYPERINVASIVE verglich ECPR (n = 124) mit konventionellen Reanimationsmaßnahmen (n = 132) bei OHCA (9). Die Prager Autoren konnten zwar in der Gesamtkohorte keinen statistisch-signifikanten Unterschied für das Überleben zum Zeitpunkt der Entlassung nachweisen (22 % CPR versus 31,5 % ECPR, p = 0,09), allerdings hatten signifikant mehr Patientinnen und Patienten einen CPC von 1–2 nach ECPR (18,2 % versus 30,6 %, p = 0,02) und zudem zeigte sich ein signifikanter Überlebensvorteil durch ECPR bei prolongierten Reanimationsmaßnahmen (> 45 Minuten) (20 Überlebende versus 6 Überlebende, p = 0,018). In Bezug auf das Intention-To-Treat-Protokoll ist bei diesen Ergebnissen zu beachten, dass 11 von 124 Patientinnen und Patienten, welche initial der CPR-Gruppe zugeordnet waren, trotzdem eine ECMO-Behandlung erhielten und im Sinne des primären Endpunktes weiterhin zur CPR Gruppe gezählt wurden. Zudem ist auf die hohe Überlebensrate der Patientinnen und Patienten mit konventioneller CPR nach OHCA in dieser Studie hinzuweisen (22 %, internationaler Vergleich: < 10 %).
Mit INCEPTION veröffentlichten Suverein und Kollegen im Januar 2023 das erste multizentrische RCT, welches ECPR mit konventionellen Reanimationsmaßnahmen an zehn niederländischen Zentren verglich (10). Nach Einschluss von 160 Patientinnen und Patienten zeigte sich nach 30 Tagen ein nichtsignifikanter Überlebensvorteil für ECPR (Odds Ratio [OR] 1,4; [0,5; 3,5]; p = 0,52). Die durchschnittliche Zeit vom Reanimationsereignis bis zur ECMO-Therapie betrug 74 [63; 87] Minuten, während es bei HYPERINVASIVE 61 [55; 70] Minuten und bei ARREST 59 [31; 87] Minuten waren. Zudem wurde eine vergleichsweise hohe Rate an gescheiterten Kanülierungsversuchen (13,7 %) berichtet. Die Autoren führten dies auf die unterschiedliche Erfahrungen der Teams, die Logistik und die Fallzahl der Zentren (INCEPTION: 2,82 ; HYPERINVASIVE: 26,9 und ARREST: 36 Patientinnen und Patienten pro Jahr) zurück. Die Autoren räumten ein, dass es kein verbindliches Behandlungsprotokoll für den Rettungsdienst und das Krankenhauspersonal gab.
Außerklinischer Herz-Kreislauf-Stillstand mit prähospitaler ECMO-Anlage
Um der Herausforderung der Verkürzung der Zeit bis zur ECMO-Anlage (Low-Flow-Zeit) zu begegnen, versuchen einige Zentren bereits außerklinisch eine ECMO zu implementieren. Die größte hierzu durchgeführte Studie aus Paris verglich ECPR (n = 525, davon n = 136 mit prähospitaler ECMO) mit konventionellen Reanimationsmaßnahmen (n = 12 666) und konnte keinen signifikanten Unterschied im Überleben zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus feststellen (8,4 % versus 8,6 %; kein Unterschied im Überleben zwischen prähospitaler und intrahospitaler ECMO-Anlage zum Zeitpunkt der Entlassung), trotz signifikanter Unterschiede in den Patientenkollektiven (ECPR-Patientinnen und -Patienten waren jünger, hatten eine höhere Rate an Laienreanimationen und initial defibrillierbare Rhythmen) (17). Die Autoren führten das Ausbleiben eines signifikanten Überlebensvorteils von ECPR gegenüber CPR auf die vergleichsweise längere Reanimationszeiten sowie geringere Rate an ROSC („return of spontaneous circulation“) sowie die Patientenauswahl in der ECPR-Gruppe zurück.
Das Ausbleiben eines positiven Resultates verdeutlicht die Grenzen der prähospitalen ECMO-Anlage bei OHCA in einer realen Umgebung, einschließlich der Komplexität der Logistik und der Notwendigkeit einer entsprechenden Patientenselektion.
Welche Patientengruppen können von ECPR profitieren?
Die diskutierten Arbeiten konnten Faktoren identifizieren, die mit einer schlechteren Überlebensprognose für ECPR einhergehen: höheres Alter, eine längere Low-Flow-Zeit und ein anfänglich nicht defibrillierbarer Rhythmus (Kasten) (6, 16, 17, 28, 29).
In einer gepoolten Subgruppenanalyse von ARREST und HYPERINVASIVE konnten gezeigt werden, dass vor allem Patientinnen und Patienten mit prolongierten Reanimationsmaßnahmen (Low-Flow-Zeit ≥ 45 Minuten) signifikant von ECPR profitierten (30).
Weitere Faktoren, die in beiden RCT mit einem verbesserten 180-Tages-Überleben assoziiert waren, sind: männliches Geschlecht, Alter > 55 Jahre, initial defibrillierbarer Rhythmus (Kammerflimmern oder ventrikuläre Tachykardie) und ein beobachteter Herz-Kreislauf-Stillstand (30). Dies konnte bereits in retrospektiven Arbeiten gezeigt werden (31, 32). Circa ein Drittel der Patientinnen und Patienten aus ARREST und HYPERINVASIVE, mit einer Low-Flow-Zeit von 60 Minuten, überlebten 180 Tage nach Studieneinschluss.
Im Zuge dieser Daten zeigt sich, dass das initial abgeleitete EKG eine vergleichsweise hohe Voraussagekraft für das neurologisch intakte Überleben von reanimationspflichtigen Patientinnen und Patienten hat. Keines der publizierten RCT konnten einen positiven Effekt von ECPR für initial nicht defibrillierbare Rhythmen (Asystolie und pulslose elektrische Aktivität) nachweisen. In ARREST und HYPERINVASIVE verstarben circa 95 % der Patientinnen und Patienten ohne initial defibrillierbaren Rhythmus, ungeachtet der Gruppenzugehörigkeit. Aufgrund der vergleichsweise schlechten Prognose sollte die Indikationsstellung von ECPR für Patientinnen und Patienten mit initial nicht defibrillierbarem Rhythmus im individuellen Einzelfall entschieden werden und es kann bisher grundsätzlich keine generelle Empfehlung für eine Patientengruppe ausgesprochen werden (30).
Auch Lunz et al. schlussfolgerten nach ihrer retrospektiven Auswertung, dass die konsequente Anwendung von strengen Einschlusskriterien für die ECPR (Alter ≤ 65 Jahre, Herzstillstand mit Reanimation durch Laien, keine schwerwiegenden Komorbiditäten und die Fähigkeit, die ECMO innerhalb von einer Stunde nach dem Herz-Kreislauf-Stillstand einzuleiten) mit einer potenziell verdoppelten Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert ist (initial 19 %, nach Anwendung von Selektionskriterien 38 %, entspricht n = 105 von n = 423 Patienten) (28).
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass gegebenenfalls mit ECPR, trotz verlängerter Low-Flow-Zeit, eine verbesserte Überlebensrate ohne neurologische Einschränkungen erreicht werden kann. Diese Ergebnisse korrelieren jedoch stark mit patienten- und zentrumsspezifischen Faktoren (31).
Ethische Fragen
Durch die steigende Verwendung von ECMO-Systemen wird auch bei enger Indikationsstellung, die Zahl von Patientinnen und Patienten erhöht, bei welchen keine realistische Aussicht auf Heilung besteht („bridge-to-nowhere“). Die konventionellen Reanimationsmaßnahmen können abgebrochen werden, wenn die Bemühungen als aussichtslos erachtet werden. Gegebenenfalls sollte ECPR dementsprechend als Erweiterung von CPR betrachtet werden und somit demselben Ermessen unterliegen. Dabei kann die ECMO-Therapie ärztlicherseits beziehungsweise durch das Behandlungsteam beendet werden, wenn ein neurologisch intaktes und selbstbestimmtes Leben nicht zu erzielen ist. Allerdings ist die adäquate Prognostizierung von bleibenden neurologischen Funktionseinschränkungen nach Herz-Kreislauf-Stillstand nahezu unmöglich und das Evidenzniveau der hierzu publizierten Arbeiten äußerst gering (33).
Verfügbarkeit von Ressourcen und Systemdesign
Die benötigten Ressourcen zum Aufbau eines erfolgreichen ECPR-Programms sind beträchtlich und beinhalten den Zugang zu Geräten (Tabelle 2) sowie die Verfügbarkeit von spezialisiertem Personal. Der Ort, an dem die ECPR durchgeführt wird, entweder innerhalb des Krankenhauses (Notaufnahme, Operationssaal, Katheterlabor, Intensivstation oder Krankenstation) oder außerhalb des Krankenhauses (Grafik 2), ist ausschlaggebend für die Personalbesetzung sowie die Auswahl und Lagerung des benötigten Materials. Eine detaillierte Beschreibung der erforderlichen Ressourcen wurde bereits in einem Positionspapier veröffentlicht (34). Zentren, die ECPR bei OHCA durchführen, sollten über Protokolle verfügen, in denen die Zuständigkeiten der Rettungsdienste und des aufnehmenden Krankenhauses festgelegt sind, um ECPR bei Ankunft in der Notaufnahme oder im Katheterlabor zu beschleunigen. Die Festlegung von interdisziplinären Behandlungswegen, Definition von Mindeststandards und Qualitätskontrollen im Behandlungsprozess einer Reanimation, erfolgt in Deutschland beispielsweise bereits im Rahmen der Zertifizierung von „Cardiac Arrest Centern“ durch den Deutschen Rat für Wiederbelebung. Zum Ende des Jahres 2022 waren bereits über 100 Krankenhäuser zertifiziert (35) .
Darüber hinaus ist das Fehlen von technischen Überwachungsmöglichkeiten und der konsequenterweise bestehende Mangel an spezifischen Therapiestrategien nach ECMO-Anlage eine große Herausforderung in der Versorgung der Patientinnen und Patienten und Gegenstand aktueller Forschung (36).
Schlussfolgerungen
Insgesamt kann der Schluss gezogen werden, dass signifikant höhere Überlebensraten bei stark selektierten Patientinnen und Patienten (junges Alter, initial defibrillierbarer Rhythmus, beobachteter Herz-Kreislauf-Stillstand, therapierefraktäre qualitativ-hochwertige Reanimation) mit der Verwendung von ECPR an erfahrenen Zentren möglich sind. Eine allgemeine, undifferenzierte Empfehlung für die Anwendung von ECPR bei OHCA kann zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht ausgesprochen werden. Der weitere Aufbau von spezialisierten Versorgungsstrukturen und die kontinuierliche Patienten-individuelle Weiterentwicklung der ECPR-Therapie erscheint besonders wünschenswert und erfolgversprechend hinsichtlich der zukünftigen Versorgungsqualität von reanimierten Patientinnen und Patienten.
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