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Extrakorporale kardiopulmonale Reanimation (eCPR) bei prähospitalem Herz-Kreislauf-Stillstand (OHCA)

Der Anaesthesist , 5/2021

Dr. med. Christian Reyher, Sarah R. Karst, Ralf M. Muellenbach, Christopher Lotz, Asghar A. Peivandi, Vincent Boersch, Klaus Weber, Rainer Gradaus, Caroline Rolfes

Kurze Hinführung
Retrospektive Analyse einer „Load-and-go“-Strategie unter dem Aspekt „golden hour of eCPR“

Die extrakorporale kardiopulmonale Reanimation (eCPR) wird in nationalen und internationalen Reanimationsleitlinien zunehmend als erweiterte Therapieoption beim therapierefraktären Herz-Kreislauf-Stillstand angesehen [ 17, 18].

Der erfolgreiche Einsatz einer eCPR mit Verbesserung der Überlebensrate ist jedoch von verschiedenen Faktoren abhängig. Neben dem Ort der Implementierung einer eCPR, prä- vs. innerklinisch, werden auch die verschiedenen Prozesszeiten sowie die Ein- und Ausschlusskriterien kontrovers diskutiert.

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Hintergrund

Die Therapie des außerhospitalen Herz-Kreislauf-Stillstandes („out-of hospital cardiac arrest“, OHCA) ist integraler Bestandteil moderner Notfallmedizin. Für das Jahr 2019 führte das Deutsche Reanimationsregister ca. 73 Reanimationsbehandlungen/100.000 Einwohner auf [ 6]. Trotz intensiver Anstrengungen zur Verbesserung der Reanimationsqualität ist die Sterblichkeit des OHCA weiterhin unverändert hoch [ 26]. Die eCPR konnte in ausgewählten Patientenkollektiven unter bestimmten Voraussetzungen das Überleben signifikant verbessern [ 9]. Vor allem in Bezug auf das neurologische Behandlungsergebnis scheint das Verfahren vorteilhaft zu sein, sodass die eCPR bei therapierefraktärem OHCA in verschiedenen nationalen und internationalen Leitlinien als Rescue-Maßnahme implementiert wurde [ 18]. Prospektive randomisierte und kontrollierte Studien fehlen hierzu jedoch weiterhin. In verschiedenen retrospektiven Analysen konnte gezeigt werden, dass die Zeit bis zur Wiederherstellung eines Spontankreislaufs („return of spontaneous circulation“, ROSC) oder bei therapierefraktärem OHCA die Zeit bis zur Anlage einer suffizienten Gewebeperfusion mittels „extrakorporaler Zirkulation (ECLS)“ für das Behandlungsergebnis relevant ist [ 19]. Um mittels eCPR ein Überleben mit gutem neurologischen Behandlungsergebnis zu erzielen, sind sowohl eine sofortige Laien- oder Telefonreanimation, im Sinne einer möglichst kurzen „No-flow“-Phase als auch eine zeitnahe Anlage der eCPR zur Reduktion der „Low-flow“-Phase während des „advanced cardiac life support“ (ACLS) entscheidend [ 12]. Folglich sinkt mit zunehmender Latenz bis zur Reanimation („No-flow“-Zeit) sowie mit der Dauer der konventionellen Reanimationsmaßnahmen („Low-flow“-Zeit) die Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich ab [ 20]. Nach Expertenmeinung sollte zur Sicherung des bestmöglichen neurologischen Behandlungsergebnisses die eCPR innerhalb einer Stunde erfolgen („golden-hour of eCPR“) [ 21, 25]. Aus diesem Grund wird unter Experten ein therapierefraktäres OHCA >60 min als mögliches Ausschlusskriterium diskutiert. Des Weiteren ist unklar, inwiefern der prähospitale Beginn der eCPR im Vergleich zum innerklinischen Therapiebeginn das Behandlungsergebnis der Patienten beeinflusst. Durch die simultane Disposition des Notarztes und des ECLS-Teams bei OHCA kann die Zeit bis zur eCPR potenziell deutlich verkürzt werden [ 13].

Nachteilig ist jedoch die enorme logistische Vorhaltung. Zudem ist mit einer deutlichen Anzahl an Fehleinsätzen zu rechnen, sodass die Vorhaltung dieser speziellen Teams auch unter ökonomischen Gesichtspunkten kritisch zu betrachten ist. Aktuell scheint dieses Konzept nur an wenigen deutschen Kliniken und auch nicht rund um die Uhr (24/7) möglich. Folglich wird in den meisten Kliniken die „Load-and-go“-Strategie favorisiert. Hier wird der Patient unter Zuhilfenahme von mechanischen Reanimation-Devices unter Reanimation in die Klinik verbracht. Die Anlage der ECLS erfolgt je nach Klinik häufig im Schockraum oder im Herzkatheterlabor, d. h. in der gewohnten Umgebung und unter deutlich verbesserten apparativen und personellen Bedingungen. Insbesondere bei prolongierter technischer Rettung oder größerer Entfernung bis zur Klinik ist jedoch die potenziell verlängerte Zeit bis zur Anlage der ECLS im Gegensatz zum oben genannten prähospitalen Vorgehen ggf. nachteilig.

In der vorliegenden retrospektiven Kohortenstudie wurde monozentrisch bei Patienten mit prähospitalem Herz-Kreislauf-Stillstand die „Load-and-go“-Strategie in Bezug auf das Zeitmanagement sowie das Behandlungsergebnis untersucht.

Material und Methoden
Patientenkollektiv

Im ARDS- und ECMO-Zentrum des Klinikums Kassel wurden in der Zeit von Januar 2017 bis August 2019 insgesamt 361 ECMO-Systeme bei Patienten mit therapierefraktärem Herz- und/oder Lungenversagen implantiert. Davon erfolgten 75 ECLS-Therapien im Rahmen eines therapierefraktären Herz-Kreislauf-Stillstandes. 32 Patienten erhielten eine eCPR bei OHCA. Die Anmeldung der Patienten in der Interdisziplinären Notaufnahme (IZNA) des Klinikums Kassel wurde über das IVENA-eHealth-Modul des Rettungsdienstes mit dem Patientenzuweisungscode (PZC) Nummer 124 („laufende Reanimation“) sowie dem Hinweis „ECMO-Kriterien“ erfüllt durchgeführt (Infobox 1). Nach erneuter interdisziplinärer Evaluation der eCPR-Einschlusskriterien durch Fachärzte der Kliniken für Anästhesiologie, Herzchirurgie, innere Medizin und IZNA erfolgte die ECLS-Implantation im Schockraum der interdisziplinären Notaufnahme durch das hausinterne ECMO-Team. Die Entscheidung zum Ein- oder zum Ausschluss erfolgte in Anlehnung an das Positionspapier der Fachgesellschaften zur eCPR [ 17]. Im Unterschied hierzu wurde jedoch eine „No-flow“-Zeit z. B. bei unbeobachtetem Kollaps oder nichterfolgter Laienreanimation nicht toleriert. Über die Qualität der Ersthelfermaßnahmen (z. B. durchgehend hochwertige Wiederbelebungsmaßnahmen) kann keine Aussage getroffen werden, sodass dies kein Entscheidungskriterium war. Alle Patienten waren über 18 Jahre alt. Durch den Rettungsdienst erfolgte der Transport unter CPR mittels mechanischem Reanimation-Device (LUCAS©, Physio-Control, Redmond, WA, USA). Die Kanülierung erfolgte, sono- und echokardiographisch gesteuert, unter sterilen Kautelen bifemoral im Schockraum der IZNA. Verwendet wurden 21 F- bis 25 F-Kanülen (Fa. Maquet©, Rastatt) mit einer Länge von 38 cm oder 55 cm als venöse bzw. drainierende Kanüle via V. femoralis. Die arterielle Rückgabe erfolgte über eine 15 F- bis 19 F-Kanüle (Fa. Maquet©, Rastatt) mit einer Länge von 23 cm via A. femoralis. Routinemäßig wurde eine selektive antegrade Beinperfusion über die ipsilaterale A. femoralis superficialis durchgeführt.

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Infobox 1 Einschlusskriterien zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation. (Modifiziert nach Michels et al. [ 17])
Beobachteter Herz-Kreislauf-Stillstand
Laien- oder Telefonreanimation
Kardiale und potenziell reversible Ursache
Initial schockbarer Rhythmus
Ausnahme: Lungenembolie (häufig Asystolie)
Keine Multimorbidität
Mutmaßlicher Patientenwille
Studiendesign und Datenakquise

In dieser retrospektiven Studie wurden die Prozesszeiten evaluiert und der Einfluss auf das Überleben bis zur Krankenhausentlassung untersucht. Begonnen mit prähospitalen Zeiten wie Alarmzeiten, Dauer der Reanimation vor Ort und Transportzeiten wurden diese ergänzt durch die innerklinische Zeit „door to eCPR“. Ausgewertet wurden Daten aus Rettungsdienst- und Schockraumprotokollen sowie weiteren Patientendokumenten. Zusätzlich wurden die demografischen Patientendaten erfasst und ebenfalls analysiert. Die Patientendaten wurden über das Patientenverwaltungssystem CGM MEDICO© (Cerner, Kansas City, USA) akquiriert. Das neurologische Behandlungsergebnis wurde zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung mithilfe des „cerebral performance category“ (CPC) Score neurologisch evaluiert. Ein CPC von 1 oder 2 wurde als gutes neurologisches Ergebnis definiert. Das Ziel dieser retrospektiven Kohortenstudie ist die Evaluation der Notfallversorgung von eCPR-Patienten in Bezug auf die verschiedenen Zeitintervalle und deren Einfluss auf das Überleben sowie das neurologische Behandlungsergebnis zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung.

Zustimmung erhielt diese Studie durch das Ethikkomitee der Landesärztekammer Hessen am 26.07.2019 (Nr. 2019-1103-evBO) sowie des Ethikkomitees der Medizinischen Fakultät Southampton am 04.09.2019 (ERGO Nr. 48316).

Statistische Analyse

Es wurden keine Berechnungen der Stichprobengröße durchgeführt. Mediane und Interquartilsabstand (IQR) (25–75 %) wurden für alle Variablen berechnet, da von einer Normalverteilung der Daten nicht ausgegangen werden konnte. Absolute Häufigkeiten wurden für kategoriale Variablen (Geschlecht, Alter, BMI etc.) angegeben. Um die Unterschiede zwischen Überlebenden und Nichtüberlebenden zu vergleichen, wurde der Mann-Whitney-Rangsummentest zum Vergleich der Mediane im Falle kontinuierlicher ungepaarter Variablen verwendet. Für gepaarte Beobachtungen wurde der Wilcoxon-Rang-Test für gepaarte Stichproben verwendet. Der Exakte Test nach Fisher wurde verwendet, um die Anteile der dichotomen Ergebnisse zwischen ungepaarten Daten zu vergleichen. Die p-Werte wurden vollständig angegeben, wobei Unterschiede mit p < 0,05 als signifikant angenommen wurden.

Die Datenaufbereitung erfolgte in IBM SPSS Statistics for Windows, Version 24 (IBM Corp, Armonk, NY) oder Prism 5 für Mac OS X (GraphPad Software, San Diego, CA). Alle deskriptiven und statistischen Analysen wurden in Stata Version 14.2 (Stata Corp, College Station, TX) und SigmaPlot®, Version 10.0 (Systat Software, Erkrath, Deutschland) oder Prism 5 für Mac OS X (GraphPad Software, San Diego, CA) durchgeführt.

Ergebnisse

Demografische Daten sind in Tab. 1 dargestellt. In die retrospektive Analyse wurden insgesamt 32 Patienten mit einem medianen Alter von 55 (48 bis 66) Jahren aufgenommen. Häufigste Ursache für den OHCA war ein Myokardinfarkt (22 von 32 Patienten). Zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung lag das Überleben nach eCPR bei 28 % (9 von 32). Der Anteil von überlebenden Patienten mit gutem neurologischen Behandlungsergebnis (CPC 1–2) lag bei 19 % (6 von 32). Bezüglich der demografischen Daten zeigte sich ein signifikanter Unterschied des medianen Alters. Die Gruppe der Überlebenden war signifikant jünger (47 (30 bis 60) Jahre vs. 59 (50 bis 68) Jahre, p = 0,035). Der Fokus der Studie lag auf den Prozesszeiten (Abb. 1) mit dem Hauptaugenmerk auf der Low-flow-Zeit (OHCA bis eCPR). Hierbei zeigte sich eine Gesamtzeit (OHCA bis Start des ECLS-Systems) von 69 (52–86) min. Differenziert nach Überleben ergibt sich eine Zeit von im Median 64 (50–87) min bei den Überlebenden und bei den Verstorbenen ein Median von 74 (52–85) min. Trotz einer Tendenz zur verkürzten Zeit bis zur eCPR erwies sich der Unterschied als nichtsignifikant ( p = 0,64). Weitere untersuchte Zeiten, wie z. B. Alarmierungs- und Transportzeiten des Rettungsdienstes sowie „Door-eCPR“-Zeiten, zeigten ebenfalls keine statistische Signifikanz.

Tab. 1
Demografische Daten

Alle Patienten n = 32Überlebende n = 9Verstorbene n = 23
Weiblich10 (31 %)3 (33 %)7 (30 %)
Männlich22 (68 %)6 (66 %)16 (69 %)
Alter (Jahre)55 (48–66)47 (30–60)59 (50–68)
BMI (kg/m2)28 (57–90)27 (60–95)29 (68–90)
Myokardinfarkt22 (68 %)5 (55 %)17 (73 %)
Lungenembolie5 (15 %)2 (22 %)3 (13 %)
Intoxikation2 (6 %)1 (11 %)1 (4 %)
Trauma0 (0 %)0 (0 %)1 (4 %)
Suizid1 (11 %)1 (11 %)1 (4 %)
Angegeben als absolute Werte und Prozent, ausgenommen Alter und BMI, dort Median mit Interquartilsabstand (25–75 %)

Abb. 1
Prozesszeiten (Angaben in Minuten)

Diskussion

Die leitliniengerechte Reanimationsbehandlung ist grundlegende Basis des notärztlichen Handelns. Trotz vielfältiger Maßnahmen sind die Überlebensraten des OHCA seit Jahrzehnten weitestgehend konstant [ 4]. Vor allem in Bezug auf das neurologische Behandlungsergebnis und die damit einhergehende ausgeprägte Einschränkung der Lebensqualität ist die zeitgerechte Hypoxievermeidung elementar [ 23]. Optimierungen der Prozesszeiten zur Vermeidung einer „No-flow-Zeit“ und die Reduktion der „Low-flow-Zeit“ sind hierbei von großer Bedeutung. Die eCPR kann in ausgewählten Fällen das Überleben sowie das neurologische Behandlungsergebnis signifikant verbessern [ 9].

Dieses hochtechnisierte und invasive Verfahren erfordert jedoch entsprechende Expertise und eine komplexe Logistik [ 14]. Insbesondere im Fall einer prähospitalen eCPR sind die Logistik und notwendige Team-Expertise hoch komplex, sodass bis dato nur einige wenige Zentren eine 24-stündige Verfügbarkeit dieser eCPR-Teams gewährleisten können [ 13]. Bei einer prähospitalen Anlage wird das eCPR-Team entweder simultan mit dem Primärnotarzt zu jeder Reanimationsbehandlung alarmiert oder alternativ vom primären Rettungsmittel bei Vorliegen eines therapierefraktären OHCA bzw. einer schwierigen technischen Rettung nachgefordert. Vorteil ist die potenzielle Verkürzung der Low-flow-Zeit, die sich aufgrund der technischen Rettung sowie des Transportes in die Klinik ergibt [ 13]. Zudem ist davon auszugehen, dass es während des Transportes, trotz des Einsatzes mechanischer Reanimation-Devices, zu einer eingeschränkten Reanimationsqualität kommt [ 10]. Insbesondere beim Fehlen von mechanischen Devices ist während des Transportes unter manueller Thoraxkompression die Qualität der Reanimationsmaßnahme z. T. deutlich reduziert und das Rettungsdienstpersonal während des Transportes aufgrund fehlender Sicherung gefährdet [ 24].

In einer alternativen Strategie wird der Patient, bei Erfüllung spezifischer Einschlusskriterien zur eCPR, vom primären Rettungsmittel unter laufender Reanimationsbehandlung in eine entsprechende Klinik mit ECLS-Verfügbarkeit transportiert. Vorteil ist eine verbesserte personelle und infrastrukturelle Umgebung für den Hochrisikoeingriff einer eCPR. In den meisten Zentren ist diese Vorhaltung zudem „rund um die Uhr“ möglich.

Im Vergleich zum innerhospitalen Herz-Kreislauf-Stillstand („in-hospital cardiac arrest“, IHCA) ist die Sterblichkeit von eCPR-Patienten bei OHCA erhöht. Dies liegt v. a. an dem häufig früheren Beginn der Reanimationsmaßnahmen, der professionelleren Durchführung (ACLS von Beginn an) und der kürzeren Zeit bis zur eCPR [ 11]. In der durchgeführten Untersuchung betrug die prähospitale Rettungszeit, also die Zeit bis zum Beginn des Transportes unter Reanimation 33 (26–45) min, sodass die Patienten im Median erst nach 42 (35–46) min in der Klinik eintrafen. Somit kommt der Zeit bis zu der Entscheidungsfindung sowie dem Beginn des Transportes nach medizinischer Versorgung und technischer Rettung eine große Bedeutung zu. Kann die eCPR innerhalb von 30 min nach Herz-Kreislauf-Stillstand erfolgen, ist die Wahrscheinlichkeit eines Überlebens mit einem guten neurologischen Behandlungsergebnis deutlich erhöht [ 7]. Allerdings liegt die durchschnittliche Zeit bis zum spontanen ROSC unter konventioneller CPR bei 24 min. In den verschiedenen Publikationen wird der Begriff therapierefraktärer Herz-Kreislauf-Stillstand unterschiedlich definiert, liegt aber in der Regel bei 15 min [ 5]. Aus diesem Grund sollte der Beginn einer eCPR nicht vor Vorliegen eines therapierefraktären IHCA oder OHCA liegen, weil die potenziellen Risiken des Verfahrens den Nutzen überwiegen könnten [ 19].

Fraglos sind die Faktoren Zeit und die Reduktion der Low-flow-Zeit entscheidend. Inwieweit sich die Strategien einer prä- gegenüber einer innerhospitalen eCPR bezüglich des Endzeitpunktes Überleben unterscheiden, ist jedoch gegenwärtig noch nicht geklärt. In einer französischen Kohortenstudie mit 156 eCPR-Patienten zeigten Lamhaut et al. den zeitlichen Vorteil eines Strategiewechsels zur Implantation einer ECLS vor Ort. Die Überlebensrate stieg hierbei deutlich (8 % vs. 29 %, p < 0,001) [ 13]. Schwierig in der Vergleichbarkeit ist jedoch, dass mit der Veränderung der Strategie auch die Einschlusskriterien verändert wurden. Somit ist der Überlebensvorteil nicht allein auf die verkürzte Zeit bis zur eCPR, sondern potenziell auf eine verbesserte Selektion der Patienten zurückzuführen. Auch Lunz et al. proklamieren, dass eine verbesserte Selektion der Indikation für eine eCPR das Behandlungsergebnis deutlich verbessert [ 15]. Zum jetzigen Zeitpunkt fehlen jedoch prospektive randomisierte Studien mit entsprechender Kontrollgruppe zur Klärung dieser Fragestellung. Ob ein Patient trotz Einschlusskriterien zur eCPR lediglich aufgrund einer fiktiven Zeitüberschreitung >60 min von dem Verfahren ausgeschlossen werden sollte, ist auch unter medizinethischen Gesichtspunkten fraglich [ 22]. Die Rettungskette ist bei der „Load-and-go“-Strategie auch unter optimalen Bedingungen prolongiert, sodass auch in der vorliegenden Studie die Zeit zwischen OHCA und ECLS-Start im Median bei 67 (56–86) min lag. Weltweit variieren die Angaben zum Überleben bis zur Krankenhausentlassung eines OHCA bei konventioneller CPR stark (0,6–31 %) [ 1]. In einer aktuellen britischen Studie von Hawkes et al. lag diese bei 7,9 % [ 8]. In einer großen retrospektiven, internationalen Multizenterstudie zeigte sich eine durchschnittliche Zeit von OHCA bis zum Beginn der ECLS von 65 (48–84) min [ 15]. Auch in der Studie der französischen Kollegen lag die Zeit bis zur eCPR z. T. deutlich über 60 min (innerhospitale eCPR 104,0 ± 28,9 und prähospitale eCPR 76,04 ± 20,9) [ 13]. Die eCPR war jedoch trotz dieser prolongierten Zeiten der konventionellen CPR in Bezug auf die Überlebensraten überlegen. In Bezug auf das Überleben mit einem guten neurologischen Behandlungsergebnis ergeben sich für die eCPR nach einer aktuellen multinationalen, multizentrischen, retrospektiven Kohortenstudie Überlebensraten bis zu 19 % [ 15]. Auch in der vorliegenden Studie lag die Rate an Patienten mit einem CPC von 1–2 bei Krankenhausentlassung bei 19 %. Ein systematischer Ausschluss von Patienten mit einer Reanimationszeit >60 min bis zur eCPR (Golden hour of eCPR) im Sinne eines „cut off“ scheint somit nicht gerechtfertigt, sodass hier weitere Kriterien herangezogen werden müssen. Vielmehr sind ein interdisziplinäres Vorgehen und die individuelle Evaluation anhand definierter Kriterien erforderlich. Auch die Berücksichtigung von qualitativen Parametern der Reanimationsbehandlung wie endexspiratorisches Kohlendioxid, zerebrale Oxymetrie, Verifizierung der korrekten Position des Reanimation-Device etc. kann bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein.

Einschränkend muss darauf hingewiesen werden, dass das Patientenkollektiv in der vorliegenden Studie durch die Definition von Ein- und Ausschlusskriterien vorselektioniert ist. Beim Vergleich unselektionierter Patientenkollektive in einer aktuellen französischen Registerstudie zeigte sich die eCPR im Vergleich zur konventionellen nicht überlegen (8 % eCPR vs. 9 % konventionelle CPR) [ 2]. Nachteilig sind hierbei der Ausschluss von Patienten mit fehlender kardialer Genese des OHCA, die lange Zeit bis zur eCPR (Median 90 min; IQR 70–110) und die stark unterschiedlichen Gruppengrößen (525 eCPR vs. 12.666 konventionelle CPR). Zur Klärung dieser Fragestellung bedarf es einer prospektiven, randomisierten Studie. Hierbei ergeben sich jedoch erhebliche ethische Probleme, da ein Ausschluss zur eCPR (trotz vorhandener Möglichkeiten und erfüllter Einschlusskriterien) durch Randomisation beim therapierefraktären OHCA eine interventionslose, konventionelle Reanimation bis zum Versterben des Patienten zur Folge hätte. Ein Vergleich von eCPR mit konventioneller CPR und anschließender Koronarintervention wäre, zumindest für Patienten mit kardialer Genese des OHCA, ein denkbarer Ansatz.
Auch im Rahmen der eCPR bleiben die Maßnahmen zur Optimierung der Prozessabläufe innerhalb der Rettungskette in Bezug auf das Behandlungsergebnis entscheidend. Hierzu gehören die Einführung einer europaweit einheitlichen Notrufnummer, Schulung der Laienreanimation, die telefonangeleitete CPR zur Reduktion der „No-flow“-Zeit, öffentliche automatische Defibrillatoren zur Frühdefibrillation sowie das kontinuierliche Training der Notfallteams in erweiterten Maßnahmen (ACLS) [ 3]. Auch die Etablierung spezieller „cardiac arrest centers“ sowie die Standardisierung der Intensivmedizin zur Optimierung der Postreanimationsbehandlung können zu einer Verbesserung der Überlebensraten nach Herz-Kreislauf-Stillstand beitragen [ 16].

Fazit für die Praxis

Die extrakorporale kardiopulmonale Reanimation(eCPR) kann in definierten Situationen die Sterblichkeit von Patienten mit „out-of hospital cardiac arrest“ (OHCA) reduzieren.

Für ein gutes neurologisches Behandlungsergebnis sind eine frühzeitige Indikationsstellung und zeitgerechte Durchführung der eCPR anhand definierter Kriterien erforderlich. Die Anlage einer ECLS >60 min nach OHCA gilt als kritisch. Die Definition eines zeitlichen Cut-off-Wertes, nach dem eine Implantation nicht mehr erfolgen sollte, ist jedoch aufgrund der Datenlage nicht gerechtfertigt.

Nichtsdestotrotz kann durch die Definition spezifischer Ein- und Ausschlusskriterien sowie eine Optimierung der Prozessabläufe innerhalb der Rettungskette die Überlebensrate verbessert werden. Die bestmögliche Strategie bezüglich des Ortes der Durchführung, prä- oder innerklinisch, ist multifaktoriell und von den lokalen Gegebenheiten abhängig.

Basismaßnahmen wie die Schulung der Laienreanimation, telefonisch angeleitete CPR, Frühdefibrillation oder eine adäquate Postreanimationsbehandlung u. v. m. sind jedoch auch weiterhin absolut entscheidend für den Erfolg in der Behandlung des Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand.

Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt

C. Reyher, S.R. Karst, R.M. Muellenbach, C. Lotz, A.A. Peivandi, V. Boersch, K. Weber, R. Gradaus und C. Rolfes geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Diese retrospektive Studie erfolgte nach Konsultation der zuständigen Ethikkommission und im Einklang mit nationalem Recht.

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