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Die Crux mit O2: Nicht zu viel, nicht zu wenig

Ärzte Zeitung Klinikreport, 11.05.2022, Seite 8

Bianca Bach

Bei akuter Atemnot Sauerstoff zu geben, ist an sich keine schlechte Idee. Zuviel davon kann aber manchen Patienten schaden. Langzeitsauerstofftherapien scheitern eher am 15-Stunden-Minimum.

Der Impuls, akut Kranken mit Atemnot Sauerstoff zu geben, ist nachvollziehbar. Dass das jedem hilft und nie schadet, ist aber laut Professor Heinrich Worth, ehemaliger Chefarzt, Medizinische Klinik I, Klinikum Fürth, ein Mythos. Beim Internistenkongress stellte er die neue S3-Leitlinie „Sauerstoff in der Akuttherapie beim Erwachsenen“ (AWMF-Registernummer: 020 – 021) vor. Sie bietet Orientierung – im Kliniksetting, aber auch in der Prähospitalphase.

Ist die Sauerstoffsättigung (SpO2) pulsoxymetrisch nicht abzuleiten oder ist jemand in kritischem Zustand, etwa nach Reanimation, werden 100 Prozent Sauerstoff (O2) beziehungsweise 15 l/min empfohlen. Mitunter kann aber eine zu hohe Sauerstoffzufuhr – auch bei Verneblung – zu Hyperkapnie und Atemdepression führen. Das erhöht die Sterblichkeit.

Hyperkapnie-gefährdet sind vor allem Menschen mit chronischobstruktiven Lungenerkrankungen, aber auch schwerem Asthma bronchiale, exazerbierter Zystischer Fibrose, einem BMI 40 kg/m2, schwerer Kyphoskoliose und neuromuskulären Erkrankungen. Der SpO2-Zielbereich wurde für sie auf 88 – 92 Prozent festgelegt. Sonst sind es 92 – 96 Prozent. Man weiß aus großen Kollektiven, dass die Sterblichkeit bei Sättigungen unter 92 Prozent deutlich steigt.

Die Therapieprinzipien gelten auch bei COVID-19 und anderen Lungeninfektionen. Geringe Abweichungen gibt es bei akuten Herzerkrankungen. Nach Herzinfarkt können hohe O2-Konzentrationen über koronare Vasokonstriktion die Reperfusion stören und das Infarktareal vergrößern. Deshalb wird nur eine SpO2 von 90 – 95 Prozent anvisiert. Bei akuter Herzinsuffizienz sind es 90 – 96 Prozent und bei infarktbedingtem kardiogenen Schock wegen des verminderten Herzzeitvolumens mit 94 – 98 Prozent etwas mehr. Vorsicht ist auch bei neurologischen Erkrankungen geboten, etwa beim Schlaganfall. Hier ist die Hyperoxämie besonders kritisch, weil diese auch zu Krampfanfällen führen kann.

Wichtig ist in Klinik und Praxis, Ist- und Zielwerte sowie die Applikationsart, etwa per Nasensonde oder Maske, genau zu dokumentieren.

In der Sauerstofflangzeittherapie(LTOT) bei chronischer Hypoxämie kommt es eher darauf an, dass Patienten den Sauerstoff nicht zu wenig nutzen. Geht es um mehr, als etwa bei belastungsabhängiger Hypoxie rein symptomatisch gegenzusteuern, wird eine O2-Applikation über mindestens 15 Stunden täglich gefordert. Praktisch ist das laut Professor Carl-Peter Criée, niedergelassener Internist und Pneumologe in Northeim, extrem relevant. Unter 15 h/d bringe eine LTOT keinen prognostischen Vorteil. Viele Patienten nähmen ihren Sauerstoffmangel gar nicht wahr. Von der O2-Gabe in Ruhe hätten sie subjektiv keinen Nutzen, so der Pneumologe.

O2-Akuttherapie

Ist die Sauerstoffsättigung pulsoxymetrisch nicht abzuleiten oder ist jemand in kritischem Zustand, etwa nach Reanimation, werden 100 Prozent O2 beziehungsweise 15 l/min empfohlen. Eine zu hohe O2-Zufuhr kann aber mitunter zu Hyperkapnie und Atemdepression führen, etwa bei COPD oder einem schweren Asthma.

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